Web Talk mit Sally Perel

 

Am 24.05.2022 durften die Schüler*innen des Jahrgang 9 an einem Web Talk mit Sally Perel teilnehmen. 

Zwei Schüler*innen teilen ihre Impressionen: 

 

Sally und die Zeit des Holocaust

von Gina-Marie Wolgast

 

Am 24.Mai 2022 hat sich Sally Perel, ein jüdischer 97-jähriger Mann, der sich zum Überleben in der Zeit des Holocaust als Hitlerjunge tarnte, bereit erklärt, an der Sally-Perel-Gesamtschule seine Geschichte zu erzählen. Er wurde aus Israel per Videokonferenz zu den 9. Klassen zugeschaltet.

Leben oder Tod? Mutter oder Vater? Vor diesen Fragen stand Sally Perel als ein Nationalsozialist 1941 die Waffe auf ihn richtete und ihn fragte: „Bist du Jude?“. Sally erzählte den Schüler*innen, dass sein Vater ihm sagte, dass er immer zu seiner Religion stehen und nie vergessen solle, wer er sei. Doch er erinnerte sich an die letzten drei Worte seiner Mutter, bevor er sie nie wieder sah: „Du sollst Leben!“, das war ihr letzter Wunsch. Mit allein 14 Jahren musste er zwischen den letzten Wünschen der Eltern, trotz des Chaos‘ in seinem Kopf und der Angst, in dieser Situation entscheiden. Ihm war klar, dass er es nicht beiden Recht machen konnte, aber Sally ist der Meinung: „Nur das Menschenleben ist heilig“. „Na ich bin doch kein Jude. Ich bin Volksdeutscher!“

Zu seinem Glück glaubten sie es ihm und es wurde nicht kontrolliert, ob er beschnitten ist. So wurde Sally sofort in die Volkskompanie als Dolmetscher (russisch-deutsch) angenommen und in Wehrmachtkleidung gesteckt. Nach seinem 3-monatigem Dienst als Dolmetscher wurde er von seinem Chef abkommandiert und in ein Internat nach Braunschweig gebracht, in dem er die nächsten vier Jahre seines Lebens verbrachte, als Hitlerjunge. Sally beschrieb die Angst, die er verspürte, dass der kleinste Fehler ihm den sofortigen Tod bedeuten würde. Er meinte: „Es waren zwar nur vier Jahre, aber für mich waren es vier Ewigkeiten.“

Sally beschrieb den Tagesablauf im Internat. Er war ganz einfach gestaltet: Morgens nach dem Aufstehen musste jeder sein Bett machen und sich waschen. Dann wurde schon zum Antreten aufgefordert, wonach sie dann zum Frühstück gingen. In der Schule hatte Sally ein Unterrichtsfach namens „Rassenkunde“. Dort lernte die Hitlerjungend, wie sie das deutsche Volk erkannten und welche sogenannten 6 Rassen dazugehören. Außerdem wurde der Hitlerjugend beigebracht, wie ein „richtiger Arier“ auszusehen hatte: ca. 173 cm groß, blond, blauäugig und schmal gebaut. Sallys Meinung dazu war: „Es ist absurd Menschen nach ihrer Hautfarbe oder so zu bestimmen.“

Als es 1943 den Winterurlaub gab, hatte Sally es sich zur Aufgabe gemacht, in das Ghetto in Polen zu fahren und seine Eltern zu finden. Riskant, aber er wollte sie wieder sehen. Sally kam am Ghetto an und schaute durch den Zaun. Ihm offenbarten sich gefrorene Teile von Leichnamen, die freie herumlagen. Er erzählte den Schülern, dass er Angst hatte, dass seine Eltern dabei sein könnten. Schließlich kam eine Straßenbahn, mit der er ins Ghetto fahren konnte. Doch Sally erzählt: „Wie groß die Erwartung, noch größer die Enttäuschung.“, denn als die Bahn ins Ghetto fuhr, konnte er nicht aussteigen, da an den Rändern der Straße Stacheldraht war, da die Juden die Straßenbahn nicht nutzen durften. Er fuhr tagelang die Strecke. Ohne Erfolg.

Sally erzählte außerdem, wie er Adolf Hitler das erste und letzte Mal gesehen hatte. Hitler besuchte seine Truppen und Sally stand in erster Reihe. Viele Schüler haben gefragt, warum er ihn nicht einfach erschossen hat. Dazu gibt es eine einfache Begründung: Das hätte für ihn den Tod bedeutet. „Ich habe nicht als Held überlebt, als Antiheld, aber habe ich überlebt.“ Dies waren Sallys Worte dazu.

Im August 1944 wurde Braunschweig zerbombt und Sally und 11 weitere Hitlerjungen wurden festgenommen. Zwei Tage später wurden sie wieder freigelassen, jedoch mussten sie ein Formular unterzeichnen, dass sie nicht mehr im Untergrund kämpfen werden. Als verkündet wurde, dass der Führer, Adolf Hitler, nicht mehr lebte, trauerte Sally Perel. Er war schließlich ein wahrer Hitlerjunge mit allem was dazugehörte. Es war ein langer Weg, bis Sally den Weg zurück zu dem Juden, der in ihm war, fand. Er hatte damals und noch heute ein schlechtes Gewissen, seine Herkunft und Religion geleugnet zu haben, da er bei Verhören dabei war von „seinen eigenem Volk“.

Als der Krieg vorbei war, ging Sally 1948 nach Israel und lebt bis heute dort.

Sally äußerte den Schüler*innen der Sally-Perel-Gesamtschule einen Wunsch für seine letzten Lebensjahre: Die Schüler+innen sollen immer ein Vorbild mit richtigen Entscheidungen sein, sich für Gerechtigkeit und Respekt einsetzen, moralisch handeln und immer alles kritisch hinterfragen, damit so eine Katastrophe wie damals nie wieder geschieht.

Für mich persönlich war dieser Web-Talk sehr emotional und aufklärend. Ich interessiere mich insgesamt für diese Zeit und es war toll, das aus Sicht eines Zeitzeugens zu hören, vor allem von Sally.

 

Im Gespräch mit Sally Perel

von Simon Glück

 

Am 24.5.2022 hatten wir die Chance, mehr über den Menschen Sally Perel zu erfahren. Da es über einen Videochat lief, konnten wir ihn dabei sogar sehen.

Alle Schüler der 9. Klassen versammelten sich an diesem Tag um 14 Uhr in der Aula, um an dem Webtalk teilzunehmen. Unsere Schule trägt den Namen Sally-Perel-Gesamtschule, was alle Schüler neugierig auf den Namensgeber und aufmerksam machte.

 

Sally erzählte uns zuerst seine Geschichte, damit jeder die Wahrheit erfährt.

Wir erfuhren viel über die Judenverfolgung und wie er als Jude überlebte.

Am Ende wurden noch alle offenen Fragen durch Sally beantwortet.

 

Sally Perel erzählte, dass er als Sohn einer jüdischen Familie in Peine geboren wurde.

Er erinnert sich, dass er zu Beginn der Nazi-Zeit im Alter von 8 Jahren war.

Als die Judenverfolgung begann, war er gerade 10 Jahre alt und lebte in Polen.

Im Alter von 14 Jahren floh er aus seinem Dorf nach Osten.

 

Er geriet zwei Jahre später in ein Verhör durch Soldaten der Wehrmacht.

Sally vergrub heimlich seine Papiere und gab sich als Volksdeutscher aus.

Wie durch ein Wunder kontrollierten sie ihn nicht auf eine Beschneidung, was bei anderen Verhören auf der Suche nach Juden meist geschah.

Er kam auf ein Internat in Braunschweig und schloss sich der Hitlerjugend an.

In der Hitlerjugend wurde ihm gelehrt die Juden zu hassen, da sie undeutsch und böse sind. Er fing an, sich selbst zu hassen. Insgeheim fragte sich Sally, warum er denn ein Jude sei, denn ein Teil von ihm wurde scheinbar selbst zum Nazi.

Nach dem Internat wurde er Dolmetscher für die Wehrmacht und kam mit einer Panzerdivision an die Front. In seiner Erinnerung an die Front hatte nur ein einziger Soldat Kritik an Hitler geäußert, welcher daraufhin sofort getötet wurde.

Niemand traute sich mehr zu hinterfragen und zu kritisieren, was Hitler tat.

 

Sally dachte oft an die letzten Worte seines Vaters: “Bleibe immer Jude und glaube immer an Gott, dann wird er dich beschützen”. Auch die letzten Worte seiner Mutter: “Egal was passiert, du sollst leben” blieben ihm ewig im Herzen.

Er machte sich auf die Suche nach ihnen, fuhr sogar mit der Straßenbahn nach Lodz in das Ghetto, in dem er hoffte sie zu finden.

Dort häuften sich hinter Stacheldraht die Leichen, welche nie beerdigt wurden.

Leider blieb seine Suche erfolglos, und Sally Perel sah seine Eltern nie wieder.

Nach Kriegsende wanderte er nach Israel aus, wo er bis heute noch lebt.

 

Sally betonte, dass Auschwitz und die anderen Lager wie ein Weltuntergang waren, in dem 6 Millionen Juden gestorben sind.

Es ist erschreckend, wie so etwas passieren konnte, da Soldaten unter ihren Uniformen auch nur normale Menschen mit Familien sind.

 

Mich hat persönlich sehr beeindruckt, dass er trotz seiner schweren Erlebnisse nie die Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit verloren hat.

Außerdem machte er trotz seines hohen Alters einen geistig sehr fitten Eindruck, was uns alle sehr erstaunt hat. Am Ende gab Sally Perel uns noch den Rat, immer kritisch zu hinterfragen und alles für Frieden und Gerechtigkeit zu tun, damit ein solches Leid nie wieder passieren kann.

 

 

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